Donnerstag, 31. Januar 2013

Polaroidbilder des Gehirns - Fleischwolf

Ich weiß noch nicht genau, wo das hinführen soll, aber irgendeine Richtung sollte langsam aber sicher angegeben werden, denn diese Endlosschlaufe, die sich zwischen Schlafen, Nahrungsaufnahme und Abwarten dreht, macht krank. Alles macht sie krank. Meine eh schon vergifteten Gedanken vermag sie noch um ein vielfaches durch den Fleischwolf der Paranoia zu würgen, was zur Folge hat, dass ich Geschichten kenne, die noch gar nicht geschehen sind. 

Mittwoch, 30. Januar 2013

Immer wieder am Bahnhof


Es ist zu kalt und es dauert zu lange.
Neben mir hängt eine Gruppe Jugendlicher ab, deren Verhalten ich nicht verstehe, mich aber in ihrer Suppe der Identitätslosigkeit widerspiegle. Die meisten von ihnen sind recht groß gewachsen. So auch ihr Mundwerk und ihr Hang zu Allüren. Ich merke, wie ich mich nicht ganz unglücklich darüber schätze, deren Alter längst entkommen zu sein. Nicht, dass es in diesem neuen Abschnitt nun etwas wie eine feste Identität geben würde, aber der Drang danach, eine solche zu finden, hat sich leise verflüchtigt und schläft irgendwo in den Tiefen irgendeiner Ebene meines Ichs, bis er wohl eines Tages durch eine Grauenhaftigkeit erweckt werden wird, um wie der feurigzornige Stier im letzten Einhorn an die Oberfläche durchzubrechen.
Oder doch nicht? Wird die verborgene Identität vielleicht gar nicht von etwas derartigem gefangen gehalten und bedarf es auch keiner Grauenhaftigkeit? Wäre es nicht auch möglich, dass sie ziemlich in Ordnung ist und lediglich ein bisschen Einsichtigkeit nötig wäre?
Ich subtrahiere großes Getue und etwas von der ganzen Aufmache von dem lauten Mädchen und – verstehe sie eigentlich noch immer nicht. Einzig die Möglichkeit zieht sich in Erwägung, dass alles in Ordnung ist, während der Zug einrollt und ich ins geheizte Abteil einsteigen kann.

Montag, 21. Januar 2013

Bern - Olten


Heute dauert die Zugfahrt länger als sonst
Ich weiss, dass das nur mein Gefühl ist und keine Tatsache
Ich kenne viele Gefühle, aber fast keine Tatsachen
Gefühle sind manchmal tatsächlicher

Keiner spricht, einige denken vielleicht an etwas
Es ist kalt im Zug
Draussen ist es 13° Celsius, sagt die digitale Temperaturanzeige in roten Ziffern
Aber das war in Bern

Ein Natel klingelt und alle bewegen sich
Es ist nicht deines
So wichtig bist du nicht
Auf dem Display steht „lautlos“

Sonntag, 20. Januar 2013

Die Avocado


Vorhin – als ich noch im Wohnzimmer unten auf dem rundgeschwungenen Sofa saß – habe ich die Avocadopflanze studiert, welche sich in ihrem roten Topf alle Mühe gibt, sich nach oben hin zu entfalten. Sie stagniert. Schon seit Monaten, wie mir scheint. Ich behaupte, der Wahrheit entsprechend, sagen zu dürfen, dass ich sie täglich mit reichlich Wasser versorge, habe mal gehört, dass ihnen Feuchtigkeit bekommt. Nun gut, ich lasse sie mal und mache mir keine Gedanken mehr um sie. Vielleicht macht sie auch so etwas wie Winterpause. Schliesslich ist November und ich denke, dort wo Fräulein Avocado eigentlich herkommt, ist Herr November wohl gar nie auf Visite. Andererseits geht die Kälte und Dunkelheit dieses Besuchs auch an mir nicht spurlos vorbei. November ist wohl keine gute Zeit, um zu wachsen. Physisch wie auch sonst wie. Irgendwie werden alle Funktionen auf Standby geschaltet, dafür läuft ein Automat, der geringfügig erledigt, was zu erledigen ist.