Mittwoch, 20. März 2013

Eine Nacht im Juni


Der Juni bereitet mir bis anhin noch nicht all zu große Freude, zumal er immer wieder den bedrohlichen Eindruck erweckt, sich direkt im folgenden Herbst zu verlieren. So bin ich denn auch saisongerecht krank geworden und trinke erstmals Tee, um abzuwarten und ja – gesund zu werden natürlich.
Vielleicht hat sich aber auch einfach ein kleiner Frustrationsparasit in meinem Kopf eingenistet und ärgert mich dort, ungeachtet der drei lustigen Pillen, die ich ihm raufgeschickt habe. Ich nehme an, er ist immer noch etwas muderig ob des letzten Samstags. Eigentlich hat ja alles wunderbar angefangen. Ich habe mich zum Kochen eingeladen (ja, so Futurekitchen, alles mit Digital Buttons, super) und wohlgenährt konnte man sich also dann ins Nachtgetümmel stürzen. Der Sturz kam früh und endete in einem Keller unten, wo man angestrengt versuchte, mit einem (sehr, sehr großen) Drink und suure Fischli die Motivation zurückzuerlangen, um dann zwei Häuser weiter gleich wieder irgendwo unter dem Boden zu verschwinden. Die Getränkewahl viel dieses Mal etwas schwieriger aus, da der „Flying Hirsch“ auf der Karte nicht zu finden war. Mit dem guten Glauben, dass auch Pastis zu Höhenflügen führen würde, genehmigte man sich ebenjenes. Der Flug blieb aus, die Musik geriet immer tiefer in den Sog des Stilbruchs, während wir uns wieder nach oben begaben (die Erleuchtung erhält man ja wohl auch nicht fünf Meter unter der Erde). Diese kam auch sofort in Form von einer ersten Depression, untermalt mit ersten Anzeichen von Müdigkeit. Was ist los in Bern, fragte ich mich, worauf mir der Herr eines meiner verirrten Schäfchen schickte. Es schien ganz alleine unterwegs zu sein und gesellte sich kurz zu mir. Aha, es geht ans Uni-Fest. Nun gut, da will ich nicht hin. Nach einem viertelstündigen Sillywalk (man muss sich ja irgendwie unterhalten) fanden wir uns bei der Uni Tobler wieder. Es war mittlerweile etwa zwei Uhr und das Fest ausverkauft. Komischerweise strömten die Massen aber eher hinaus denn umgekehrt. Mit den Türstehern gab’s aber nichts zu diskutieren (weil ja, es ist ja ausverkauft und so). Das war irgendwie dann doch zuviel des Guten. Unguten, wie auch immer. Ein letzter Spaziergang Richtung Bierhübeli raubte uns dementsprechend denn letzten Sinn für Hoffnung und ich beging den ersten Verstoß gegen eines der zehn Gebote, was man nach dem Ausgang nicht machen darf und stieg in ein Taxi. So kam ich also zu Hause an und machte mich daran, gegen drei weitere Gebote zu verstoßen. Klar, man hatte herrlich diniert, aber mittlerweile waren doch einige Stunden vergangen und ich setzte Wasser auf, um mir ein leckeres Chinasüppli zu genehmigen. Ich habe eigentlich auch gar kein schlechtes Gewissen deswegen, denn irgendetwas Gutes darf man sich nach einer derartigen Tortour ja wohl gönnen. Des Weitern ließ ich es einmal mehr aus, mich um meine Zähne zu kümmern und das Abschminken von irgendwelchen Kajalüberresten wurde auch großzügig aus dem Programm gestrichen...

Samstag, 2. März 2013

Die Frau im Monbijou

Es ist nun so. Und man sucht die Worte. Ich will nicht vom kläglichen, weissen Blatt schreiben, sondern einfach die Unvernunft in meinem Dasein preisgeben. Nun ist es doch so, dass ich der deutschen Sprache positiv begnadigt bin, und mir tatsächlich die Worte aus den Fingern fallen, während der Inhalt auf der Strecke bleibt. Die von altem Wüstensand bedeckte Strecke, welche weder Spuren irgendwelcher Migranten, noch sonst irgendetwas aufweist. Wieso weiss ich nichts zu erzählen? Warum bin ich von dieser Leere erfüllt? Schon das tägliche Geschehen wäre lohnenswert, verfasst zu werden. Denn ist es nicht so, dass ich heute nur willig war, denn Fuss über die Schwelle zu setzen, wenn ich durch die musikauströmenden Kopfhörer geschützt war? Doch, doch, so ist es. Ich wollte nicht hören, was die anderen Gesellschafter zu verkünden haben. Leider schützt Musik vor Sehen nicht. So musste ich wohl oder übel an der Körpersprache einer mir, wie ich das ungeniert behaupten möchte, unsympathischen Person, teilhaben. Nachdem die obligate Frage „tu-ich-auch-so?“ geklärt war – sprich, mit „nein“ beantwortet werden konnte - , liess ich meinem Beobachtungsdrang freien Lauf. Sie sass im Schaufenster eines Restaurants und machte schlechte Werbung. Menschen sind so erbärmlich, wenn sie nicht sich selbst sein können. Was natürlich noch erbärmlicher ist, wenn sie tatsächlich so sind. Im kleinen Kreise zweier krawattierten Geschäftsherren schob sie sich kleine Happen in den Mund, sass aufrecht, mit durchgehängtem Kreuz, auf ihrem Stuhl, in ihrem mintgrünen, schrecklich unauffallenden Strickpulli, mit ihren Strähnchen im blonden Haar und grinste ihr künstlichstes Broccoli-Zwischen-Den-Zähnen-Lächeln in die Welt hinaus. Oder zumindest in das langweilige Gesicht ihres Gegenüber...